DR. MED.
HENRICH STIFTUNG
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Wie viel Absurdität darf ein Journalist verbreiten?

Unter der Überschrift "Schwer erträglicher Alarmismus" beschuldigt der Journalist Ewald Hetrodt die Autoren anerkannter wissenschaftlicher Studien und die wissenschaftlich orientierte Informationsplattform ProVegan, die diese Studien einem breiteren Publikum zugänglich macht, schuld daran zu sein, dass der jetzige Eier-Skandal (um Fipronil) übertrieben werde.

 

Was Hetrodt schreibt, ist kaum zu fassen:

 

Hetrodt:  "Laut der 'Kangbuk Samsung Health Study' haben Forscher festgestellt, 'dass sich das Risiko für Herzerkrankungen durch erhöhte Eierzufuhr zunehmend erhöht'. Ist das korrekt?"

 

Jetzt erwartet man eigentlich, dass Hetrodt Beweise dafür gefunden hat, dass dies eine nachgewiesene Falschbehauptungen ist, dass die Wissenschaftler die Studie gefälscht haben oder dass eine Studie (der Eierindustrie) ein niedrigeres Herzerkrankungsrisiko durch Eierkonsum festgestellt habe. Aber nein, Hetrodt fabuliert los, ohne überhaupt auf die Gesundheit einzugehen, um die es ja in der Studie ging:

 

"Kein Frühstück ohne ein schönes, weiches Ei – und sonntags auch mal zwei. Wer diese goldene Regel beherzigt, kommt in den Genuss einer höheren Lebensqualität. Allerdings muss er die Warnungen der blassen, immer krank aussehenden Zeitgenossen ignorieren, die nichts unversucht lassen, anderen die Freude am bodenständigen Essen zu verderben."

 

Höhere Lebensqualität durch Eier? Wer keine Eier isst, sieht blass und krank aus? Ist das noch normal? Ich fürchte ja. Das ist heutzutage das Niveau grosser Teile der Presse, wenn es um Ernährung geht.

 

Damit nicht genug. Hetrodt legt nach:

 

"Aber es gibt noch mehr Warnungen. 'Nur ein Ei pro Woche vergrößert das Risiko für Diabetes um 76 Prozent.' Auch das ist in einer großen Untersuchung nachgewiesen worden. So verbreitet es jedenfalls die Stiftung Provegan. Und damit die Botschaft auch wirklich ankommt, folgt dieser Hinweis: 'Diabetes ist die führende Ursache für Beinamputationen, Nierenversagen und Erblindungen.' Das braucht keiner. Aber es kommt noch schlimmer: 'Männer, die alle drei Tage nur ein Ei essen, haben ein um 81 Prozent erhöhtes Risiko, an einem tödlichen Prostatakrebs zu erkranken.' Auch das fanden „Wissenschaftler“ für 'Provegan' angeblich heraus."

 

Die Studien existieren tatsächlich und wurden von seriösen Wissenschaftlern erstellt. ProVegan hat sie als Zusammenfassung mit Quellennachweis auf ihrer Website veröffentlicht. Dr.med. Michael Greger in den USA ebenfalls. Ohne jeden Ansatz für eine fundierte Kritik an den Studien versucht Hetrodt trotzdem Zweifel zu sähen, indem er Äusserungen macht wie "fanden Wissenschaftler angeblich heraus" und "ist das korrekt?". Da Hetrodt die Fakten nicht widerlegen kann, macht er Stimmung gegen die Fakten. Ist das für einen Journalisten würdig?

 

Und dann stellt Hetrodt eine atemberaubende Verbindung zwischen seriösen ernährungswissenschaftlichen Studien, die die Gesundheitsgefahren von Eiern nachweisen, und der politischen Debatte über die mit Fipronil belasteten Eiern her:

 

"Stimmen wie diese haben in der Gesellschaft zu einem schwer erträglichen hysterischen Alarmismus geführt. Dass er nicht ganz ohne Wirkung geblieben ist, zeigt die politische Debatte über die mit Fipronil belasteten Eier."

 

Mir war bisher gar nicht bewusst, dass ProVegan einen so grossen Einfluss auf die Öffentlichkeit und die Politik hat :-) Im Ernst: Nahrungsmittel sind seit Jahren in bedenklicher Weise mit kanzerogenen Umweltgiften belastet, insbesondere Tierprodukte. Nahrungsmittelskandale sind mittlerweile schon zur Normalität geworden. Dabei werden wahrscheinlich über 99,9 % aller skandalwürdigen Ereignisse gar nicht entdeckt, weil einfach nicht danach gesucht wird. Meistens sind es Zufallsfunde und Informationen von Insidern, die einen Skandal ans Licht bringen. Nach kurzer Zeit ist der Skandal wieder vergessen und die Menschen konsumieren wie zuvor. Es wäre ein bedeutender Fortschritt, wenn viele Menschen die Informationen über ihre Nahrungsmittel und die Ergebnisse von wissenschaftlichen Studien für ihre tägliche Ernährung nutzen würden. ProVegan hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Menschen über ernährungswissenschaftlich fundierte Fakten zu informieren, damit sie ihre Ernährung optimieren können, um die individuell bestmögliche Gesundheit zu erreichen. Die Analyse der wissenschaftlichen Studien und die sich daraus ergebenden Fakten ermöglichten zum Beispiel die Aufstellung der sieben Regeln einer gesunden Ernährung, die auch ein Laie ganz einfach bei seiner täglichen Ernährung umsetzen kann.

 

http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/kommentar-schwer-ertraeglicher-alarmismus-15135889.html