DR. MED.
HENRICH STIFTUNG
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Als Psychiater hat Maurice Berger 150 kriminelle Jugendliche behandelt: «Die Gewalt wird nicht aufhören, egal, wie viel Geld in die Quartiere gesteckt wird»

«Jetzt zeigt sich die Gewalt auch ausserhalb, sie wird von Gruppen ausgeübt, die sich am Schmerz von anderen weiden. Das zeugt von einer schrecklich gescheiterten Erziehung.»

 

«Eine Reihe von Medien, Soziologen und Politikern, die sich aus ideologischen Gründen weigern, die Realität zu sehen. Sie betrachten Gewalttäter als Opfer unserer hässlichen Gesellschaft. Und sie diffamieren jene, die die Realität benennen, als Faschisten. Diese Schuldzuweisung hat während Jahren verhindert, dass die Gewalt analysiert wurde und Massnahmen dagegen getroffen wurden. Die Realitätsverweigerer sind zum grossen Teil für die heutige Situation verantwortlich.»

 

«Die Zahl der vollendeten Tötungsdelikte ist tatsächlich gesunken, von rund 1400 im Jahr 1994 auf 959 im Jahr 2022. Kriminologen plädieren jedoch dafür, auch die versuchten Tötungen in die Statistik einzubeziehen, und dort sieht es anders aus. 1994 gab es rund 1700 Fälle, 2018 waren es 2300 und im Jahr 2020 über 3300. Das verschweigen die Vertreter der dénisphère ebenso gerne wie die Tatsache, dass es dank Fortschritten in der Medizin und der Chirurgie viel weniger Tote gibt. Gemäss einer Studie sterben heute nur 30 Prozent der Personen, die durch Stichwaffen oder Schüsse verletzt wurden. Vor einigen Jahren waren es 70 Prozent.»

 

«Wer in Frankreich als Minderjähriger zum ersten Mal vor Gericht steht, kommt meist mit einer Bewährungsstrafe davon. Man berücksichtigt seine Geschichte, die Folgen für das Opfer dagegen spielen eine untergeordnete Rolle. Ich arbeite unter anderem für ein Rehabilitationszentrum, das Opfer von Überfällen behandelt. Die Folgen sind enorm, körperlich, psychisch, im Gehirn. Was spielt es da für eine Rolle, ob man von einem Erst- oder Intensivtäter angegriffen wurde? Manche Opfer sagen mir: «Das Urteil hat mich am Boden zerstört.» Und die Täter, die faktisch straffrei davonkommen, schlagen wieder zu.»

 

«Ein weiterer Punkt ist, dass sich die Wahrnehmung der Gewalt verändert hat. Schlagen, sogar Töten gilt als «nicht schlimm». Schon Minderjährige sagen: «Er wäre doch sowieso irgendwann gestorben.» Wer tötet, beschleunigt also nur einen natürlichen Prozess.»

 

«Das grundlegende Problem ist mangelnde Empathie. Wenn ich Minderjährige frage, was ihre Opfer wohl empfinden, lautet die Antwort: «Das ist mir scheissegal.» Mindestens 70 Prozent dieser Jugendlichen wurden in ihrer frühen Kindheit selber misshandelt und vernachlässigt. Sie wurden Zeugen von häuslicher Gewalt, etwa gegen die eigene Mutter. So verinnerlichen sie die Gewalt, sie wird konstitutiv für ihre Identität.»

 

«Mich stört vor allem das erschreckende Ausmass der Straflosigkeit, von dem die Täter profitieren. Offensichtlich haben einige Richter nicht begriffen, dass der Schutz der körperlichen Unversehrtheit der Bürger in ihren Händen liegt. Hier liegt die wahre Dezivilisierung: Die Priorität ist nicht mehr, dass es weniger Opfer gibt.»

 

https://www.nzz.ch/feuilleton/gewalt-crepol-frankreich-kriminalitaet-migration-maurice-berger-ld.1769617