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Newsletter ProVegan: Ausgabe 46/2022

Wieder ein erstklassiger Artikel des «Netzwerk Kritische Richter und Staatsanwälte n.e.V.» zur Causa Bhakdi

«Eine Strafbarkeit nach § 130 StGB setzt voraus, dass die betreffende Äußerung geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören. Mit der Einfügung dieser Friedensschutzklausel wollte der Gesetzgeber den Tatbestand der Volksverhetzung eingrenzen. Eine lediglich abstrakte Möglichkeit der Friedensgefährdung reicht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht aus. Die Rechtsprechung fordert für die Eignung, den öffentlichen Frieden zu stören, das Vorliegen konkreter Gründe für die Befürchtung, der Angriff werde das Vertrauen in die öffentliche Rechtssicherheit erschüttern (BGH, Urteil vom 12.12.2000, 1 StR 184/00 = BGHSt 46, 212 (218)).

 

Das wird man von Bhakdis Äußerungen wohl nicht einmal dann sagen können, wenn man der (keineswegs zwingenden und daher von vornherein als Strafbarkeitsgrundlage nicht tauglichen) Interpretation der Generalstaatsanwaltschaft Schleswig folgt. Sie sind nicht im Entferntesten den aufhetzerischen NS-Slogans gleichzusetzen, die von der Rechtsprechung mit Recht als Volksverhetzung im Sinne des § 130 StGB angesehen wurden („Juden raus!“, „Juda verrecke!“ und dergleichen). Und auch nicht mit Aussagen wie solchen, mit denen sich das Amtsgericht Ansbach kürzlich zu befassen hatte, siehe unten.

 

Da der Friedensschutz Tatbestandsmerkmal und Rechtsgut zugleich darstellt, hat sich die Auslegung des Tatbestandmerkmals „öffentlicher Friede“ an dem die Strafbarkeit eingrenzenden geschützten Rechtsgut zu orientieren. Wo keine konkrete Gefährdung des öffentlichen Friedens droht, ist der Anwendungsbereich des § 130 StGB von vornherein nicht eröffnet. Diese vom Bundesgerichtshof bestätigte gesetzgeberische Wertung sollte nicht aus Gründen politischer Opportunität aufgegeben werden.»

 

https://netzwerkkrista.de/2022/11/03/zweierlei-mass-bei-der-justiz/